Dojo-Ordnung
Die Verhaltensweise in einem Dojo (Übungsraum / Turnhalle) wird beim Karate üblicherweise in einer gesonderten Ordnung beschrieben. Da Karate eine sehr traditionsbewusste Kampfkunst ist und hiermit auch eine tiefgehende Philosophie und Geisteshaltung verbunden sind, unterscheiden sich diese Regeln durchaus von denen vieler anderer Sportarten. Die nachfolgenden Regeln gibt es so oder ähnlich in allen Karate-Dojos weltweit.
Diese Regeln gelten nicht um ihrer selbst willen. Sie dienen zum einen dazu, einen reibungslosen Trainingsablauf zu gewährleisten, in dem sich ein jeder auf seine Übungen konzentrieren und an sich arbeiten kann. Zum anderen geben sie Halt, Sicherheit und einen verlässlichen Rahmen. Klar gesteckte Grenzen ermöglichen, sich innerhalb dieser Grenzen frei zu bewegen. Auf dieser Basis können Freiheit, Kreativität, Lockerheit und vor allem Spaß am Karate entstehen.
D O J O – O R D N U N G
Karate (oder besser Karate-DO) wird von uns verstanden als eine Kampfkunst, bei der neben der technischen Seite ebenso die geistigen Ziele im Vordergrund stehen. „Kara“ bedeutet „leer“, „Te“ bedeutet „Hand“ und „Do“ meint „Lebensweg“ oder „Lebensphilosophie“. „Karate Do“ ist also der Weg der leeren Hand.
Über die Karate-Techniken hinaus geht es in erster Linie darum, am eigenen Wesen und Charakter zu arbeiten und dabei die tieferen und bedeutenderen Aspekte der Kampfkunst kennenzulernen und zu erfassen. Das Erlernen der Bewegungsabläufe und die stattfindende Auseinandersetzung mit sich selbst und dem Gegner sind nur Teil der charakterlichen und spirituellen Entwicklung, auf die man sich auf dem Weg des „Karate-Do“ einlässt. Höflichkeit und Respekt, Mut und Aufrichtigkeit, Demut und Bescheidenheit, Disziplin und Ausdauer werden geschult und weiterentwickelt.
Karatetechniken werden vor dem Gegner abgestoppt. Wir wollen unsere Gesundheit erhalten und fördern, nicht aber uns gegenseitig verletzen. Kennzeichnend für alle Formen des sportlichen Vergleichs im Karate ist der Verzicht auf Trefferwirkung am Gegner, notwendig für die Karate-Technik ist daher die Fähigkeit, Angriffstechniken vor der Trefferwirkung zu stoppen. Trefferwirkung (nicht Berührung) gilt als Regelverstoß.
Dojo
Unser Dojo (Übungsraum) steht in der Tradition des Tempelraums eines Zen-buddhistischen Klosters. Die Atmosphäre dieses Raumes wird durch das Verhalten der Karatekas (Karate-Sportler) bestimmt. Für uns ist unser Dojo eine Stätte der inneren Sammlung und Ruhe, ein Ort der Konzentration und der Höflichkeit. Lautes und aufdringliches Verhalten und Gebaren oder gar Lärmen sind uns daher ein Greuel. Klatschen oder gar Pfeifen sind in einem Karate-Dojo völlig fehl am Platze! Unsere Zustimmung drücken wir lieber durch den aufmunternden Zuspruch „OSS“ sowie besonderen Einsatz und Anstrengung aus.
Essen und Trinken gehören nicht ins Dojo. Das Betreten der Halle mit Straßenschuhen ist nicht erwünscht.
Beim Betreten oder Verlassen unseres Dojos grüßen wir mit einer leichten Verbeugung. Dieser Gruß gilt zunächst der Übungsstätte und dem Karate-Do, aber auch unserem Lehrer und unserer Übungsgruppe. Mit dem Betreten des Dojos verlassen wir unseren Alltag und widmen uns nur noch dem Karate.
Trainer/Lehrer/Sensei (Meister)
Für das Karateverständnis ist die Lehrer-Schüler-Beziehung von ganz entscheidender Bedeutung. Dein Lehrer führt dich durch die Etappen deiner Ausbildung. Für den Trainer steht die Entwicklung des Menschen im Vordergrund. Er begleitet dich auf deinem Karateweg, was viel mehr bedeutet als technische Weiterentwicklung. Gegenseitiges Vertrauen ist dabei von großer Bedeutung.
Im Training ist den Weisungen des Lehrers/Trainers sofort und widerspruchslos zu folgen. Ihm obliegt während der Übungsstunden die Wahrung des Hausrechts.
Hygiene und Sauberkeit gelten als Selbstverständlichkeit und werden vorausgesetzt. Finger- und Fußnägel sind kurz und sauber zu halten. Alkoholgenuss vor dem Karateunterricht: unmöglich! Du willst doch nicht zur Gefahr für deine Partner werden? Schmuck, Uhren etc. haben im Karateunterricht keinen Platz. Kaugummi und Trinken/Essen während des Unterrichts: undenkbar!
Etikette
Das Grußzeremoniell entspricht der in Japan üblichen Form. Es ist verbindlich für alle Übungsteilnehmer.
Die Aufstellung zu Beginn des Trainings erfolgt nach der Graduierung, der Höhergraduierte steht jeweils rechts.
Das Verlassen des Dojos während des Unterrichts gilt als unhöflich. Ist es dennoch einmal unumgänglich, so zeige Deinem Lehrer die Absicht durch eine leichte Verbeugung an und warte auf seine Bestätigung. Melde dich auch wieder korrekt zurück, indem du dich erst nach Verbeugung gegenüber dem Trainer und seiner Bestätigung wieder auf deinen Platz begibst. Vermeide es unbedingt, verspätet zum Unterricht zu kommen! Sollte dies dennoch einmal der Fall sein, so hole das versäumte Grußzeremoniell selbstständig in einer Ecke nach, grüße Lehrer und Gruppe kurz mit einer leichten Verbeugung, spar dir alle Ausreden und warte auf ein Zeichen deines Lehrers, dich dort in der Gruppe einzuordnen, wo du als „Zuspätkommender“ am wenigsten störst: ganz hinten.
Der Gruß im Knien findet zu Beginn und am Ende des Unterrichts statt; das Ritual beinhaltet
• Shomen ni Rei: zum Dojo-Altar (gemeint ist zu dem, was über dir steht, dir heilig ist )
• Sensei ni Rei: zum Trainer / Meister
Der Gruß im Stand wird zu Beginn und am Ende jeder Partnerübung oder einer Kata erwiesen; Er dokumentiert Höflichkeit, Respekt, Aufrichtigkeit, Anstand und Aufforderung zur Übung. Auch bedankt man sich beim Partner durch die Verbeugung für die Möglichkeit des gemeinsamen Übens.
Verbeugungen sind Momente der Sammlung und müssen eine Überzeugung zu rechtem Verhalten, Respekt und Höflichkeit beinhalten.
Unterricht/Training
Versuche immer, durch dein Verhalten und deine Mitarbeit zu einem reibungslosen Unterrichtsverlauf beizutragen. Sei immer aufmerksam, schnell und konzentriert. Bemühe dich, soweit mitzudenken, dass du immer die berühmte Nasenlänge voraus bist. Du willst kämpfen lernen, da sind Wachsamkeit, Beobachtungsgabe und Mitdenken Grundvoraussetzungen.
Missfallsbekundungen und lasches, lustloses Üben kennen wir nicht; dies wäre eine Beleidigung für unseren Lehrer und eine Schmähung der Übungsgruppe und unserer Partner. Unterbrich nicht den Unterricht durch unnötige Fragen oder gar durch kluge Einwände! Karate erlernt man nur durch ausgiebiges Üben nicht aber durch Diskutieren. Die meisten Fragen lassen sich durch eigenes Nachdenken selbst beantworten, stehl daher nicht durch deine Denkfaulheit den anderen und deinem Lehrer die Zeit. Nach dem Unterricht ist übrigens noch genug Zeit, Fragen und Einwände zu klären und zu besprechen.
Während des Unterrichts ist jedes Gespräch, das nicht in Beziehung zum Unterricht steht, unerwünscht.
Setz dich während des Unterrichts nicht unaufgefordert hin; leg dich nicht, während sich deine Kameraden bei einer Übung anstrengen, wenn du selbst einmal eine Pause haben solltest. Während des Unterrichts stütz dich nicht ab, verlasse nicht deinen Platz, zappele nicht unnötig herum: ein Karateka hat seinen Geist und Körper immer unter Kontrolle.
Sei wachsam! Ob es um die Aufstellung der Übungsgruppe geht oder die Ausführung einer neuen Übung: sei so wachsam, dass dir kein Fehler unterläuft. Jede Bewegung im Karateunterricht hat ihren Sinn, ihre Bedeutung, jedes Kommando verlangt deine volle Konzentration. Unaufmerksamkeit und Unachtsamkeit müssen im Karateunterricht ausgemerzt werden, denn im Kampf sind diese beiden die größten Fehler. Unheil entsteht durch Unachtsamkeit!
Sei ernsthaft! Wenn du die ganze Sache nur von der lustigen Seite her nehmen willst, so suche dir bitte eine andere Sportart aus. Karateka sind übrigens sehr lustige und fröhliche Leute, aber in erster Linie außerhalb des Unterrichts.
Sei höflich! Zeige deinem Übungspartner, dass du ihn achtest. Streng dich an, ein fairer und guter Partner zu sein. Nimm deinen Partner ernst, unterschätze ihn niemals, trainiere nicht überheblich oder gar herablassend mit ihm. Sei ihm dankbar, dass er dir zum gemeinsamen Üben der Karate-Techniken zur Verfügung steht. Überlasse Übungsaufforderungen immer dem älteren und höher graduierten Partner.
Sei stark! Zeige nie deinem Partner ein Zeichen von Schwäche. Lass dir nicht anmerken, wenn du müde und erschöpft bist. Im Kampf wachsen deinem Gegner im gleichen Maße die Kräfte zu, wie du Schwächen zeigst.
Sei beherrscht! Zeige in allen Situationen Selbstdisziplin und wahre die Beherrschung! Lerne deine positiven und negativen Gefühle zu unterdrücken. Mache z.B. wegen einer Bagatellverletzung kein großes Aufheben, kämpfe kontrolliert und konzentriert weiter: du treibst Karate, eine harte Zweikampfsportart.
Sei gründlich! Strebe immer nach dem höchsten Ziel: der Perfektion! Selbst wenn du sie nie erreichen wirst, alleine der Weg (Do) zählt. Bereite alle Übungen konzentriert vor („Yoi“), schließe alle Übungen bewusst und konzentriert ab („Yame“), dann erst kannst du Körper und Geist entspannen. Wehre dich gegen Müdigkeit, Unlust und Unaufmerksamkeit. Vergiss im Unterricht die Zeit, widme dich nur der Sache selbst, deiner Übung und deinem Partner. Lass dich nicht von außen ablenken und lenke auch selbst einen anderen nicht vom Training ab! Auch wichtige Dinge haben oft Zeit bis nach dem Training.
Sei beständig! Du hast dich entschlossen, Karate zu lernen. Nun besuche regelmäßig den Unterricht. Dein Lehrer und deine Partner mögen es gar nicht, wenn du sie zu unnötigen Wiederholungen zwingst, nur weil du zu träge warst, deinen Unterricht zu besuchen.
Übrigens: wir Karateka benutzen weltweit ein kleines, einprägsames Kürzel als Gruß- und Bestätigungswort: „OSS“!
Wertsachen und Geld sollten wegen Diebstahlgefahr mit in die Halle genommen werden.
Brillenträger sollen eine für den Karatesport geeignete Brille (Sportbrille, Gummiband usw.) oder Kontaktlinsen tragen.
Kleidung
Jeder Karateka hat zum Unterricht in einem vollständigen Karate-Gi (Jacke, Hose, Gürtel) zu erscheinen. Der Karate-Gi hat in einem ordentlichen und sauberen Zustand zu sein. Es darf nur ein weißer Karate-Gi getragen werden. Jungen/Männer haben nichts unter der Jacke an. Mädchen/Frauen tragen ggf. ein weißes T-Shirt unter der Jacke. Bei Anfängern wird zunächst eine neutrale Sportkleidung erlaubt.
Jeder Karateka trägt den Gürtel, zu dem er die Prüfung erfolgreich bestanden hat.
Prüfungen
Die Teilnahme an Prüfungen setzt eine vernünftige Trainingsvorbereitung voraus und ist unbedingt mit dem Trainer vorher abzustimmen. Ohne sein Einverständnis sollst du dich nicht zu einer Prüfung anmelden.
Im Alltag
Sei im Hier und Jetzt konzentriert. Unheil entsteht durch Unachtsamkeit. Bedenke: Jeder Atemzug, den du unkonzentriert machst, ist unwiederbringlich verloren. Nutze den Alltag als Übung.
Prahle nicht und halte dir stets vor Augen: Der Weg ist das Ziel. Du wirst nie die wirkliche Perfektion erreichen. So bleibst du Anfänger bis zu deinem Ende.
Meide Streit und Konfliktsituationen. Lasse dich nicht provozieren und gehe streitsüchtigen Menschen aus dem Weg. Werde niemals zum Angreifer!